1. Einführung: Ein Film zwischen Realität und Mythos
„Rounding“ erzählt die Geschichte von Dr. James Hayman (Namir Smallwood), einem jungen Medizinstudenten, der nach einem traumatischen Zwischenfall in der Metropole gezwungen ist, seine Karriere neu zu ordnen. Sein Weg führt ihn in das abgelegene, winterliche Greenville, wo er in einem kleinen ländlichen Krankenhaus unter neuen Bedingungen und mit einem ganz anderen Anspruch an die Patientenversorgung arbeitet. Doch was als Chance auf einen Neuanfang erscheint, entpuppt sich bald als Schauplatz innerer Dämonen, düsterer Geheimnisse und mystischer Symbolik, die an antike Mythen erinnert.
Bereits im Eröffnungsakt des Films wird dem Zuschauer über Onscreen-Text nahegelegt, dass der erste Arzt im antiken Griechenland – der Sohn des Apollo – in einem Zustand des „enkoimesis“ seine Patienten besuchte. Diese Verbindung von Medizin und Mythos bildet den roten Faden des Films, der versucht, alte und neue Welten miteinander zu verknüpfen. Doch während der Text ein Versprechen von Tiefe und Mystik abgibt, stellt sich die Frage, ob die anschließende Umsetzung der Symbolik diesen Anspruch auch tatsächlich erfüllt.
2. Handlung: Der Weg eines zerrissenen Arztes
Dr. James Hayman, der Protagonist, betritt das ländliche Greenville in einer Zeit, in der sein inneres Gleichgewicht bereits erschüttert ist. Ein schwerer Zusammenbruch infolge einer Fehlentscheidung in seinem früheren städtischen Krankenhaus hat ihn nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch gezeichnet. In der eisigen, nahezu leblosen Winterlandschaft von Greenville beginnt James, sich in täglichen, anstrengenden Laufrunden durch das frostige Umland zu verausgaben. Diese Läufe symbolisieren nicht nur den Versuch, seinen Geist zu klären, sondern auch den Kampf gegen innere Dämonen, die ihn unaufhörlich verfolgen.
Im Krankenhaus angekommen, wird James schnell mit den Besonderheiten des ländlichen Medizinbetriebs konfrontiert. Sein Mangel an Empathie und der fehlende zwischenmenschliche Kontakt mit den Patienten, die in einer kleinen Gemeinschaft eng miteinander verbunden sind, machen ihn zum Außenseiter. Dr. Harrison (Michael Potts), ein erfahrener Arzt, weist ihn immer wieder darauf hin, dass hier nicht nur fachliche Kompetenz, sondern vor allem auch die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, von entscheidender Bedeutung ist. Diese Kritik zwingt James dazu, an sich zu arbeiten – unter anderem durch die Teilnahme an einem speziellen Kurs zur Verbesserung der „Bedside Manner“, in dem er mit Schauspielübungen konfrontiert wird.
Doch gerade in diesem scheinbar alltäglichen Setting beginnt sich das Übernatürliche anzuschleichen: Eine Reihe unheimlicher Bilder, die Dämonen und mythologische Kreaturen darstellen, ziert die Wände des Krankenhauses. Der zerbrochene Kreuzanhänger, den James stets bei sich trägt – ein Erbstück seiner Mutter – wird zu einem zentralen Symbol seines inneren Zustands. Der Anhänger, der reparaturbedürftig ist, spiegelt seinen zerbrochenen Geisteszustand wider. Als Helen (Sidney Flanigan), eine junge Patientin mit schweren Asthmaanfällen, ins Krankenhaus eingeliefert wird, nimmt James’ Faszination an ihrem Fall zu. Ihre wiederkehrenden Krankenhausaufenthalte und der fragwürdige Einfluss ihrer Mutter (Rebecca Spence) wecken in ihm den Verdacht, dass etwas an der Diagnose und Behandlung nicht stimmt.
Diese Obsession führt dazu, dass James immer tiefer in eine Welt eintaucht, in der Realität und Wahn nahtlos ineinander übergehen. Immer wieder verschwimmen die Grenzen zwischen dem, was er sieht, und dem, was er sich vorstellt – sei es in Form von visionären Halluzinationen wie der schwebenden, überdehnten Gestalt von Helen in den Krankenhausfluren oder dem plötzlichen Erscheinen eines mehrköpfigen Monsters am Ende eines dunklen Korridors. Der Zuschauer wird in diesen Strudel der Wahrnehmung hineingezogen und erlebt, wie James zwischen rationalem medizinischem Denken und irrationalen, von Schuldgefühlen und Trauma geprägten Visionen hin- und hergerissen wird.
3. Symbolik und Thematische Tiefe: Mythos, Medizin und innere Zerrissenheit
Die filmische Sprache von „Rounding“ ist geprägt von einer intensiven Symbolik, die auf mehreren Ebenen wirkt. Zentrale Elemente sind hierbei die Anspielungen auf die antike Medizin, die mythologische Verklärung der Heilkunst und die Darstellung von inneren Zerreißproben des modernen Menschen.
3.1 Medizin und antike Mythologie
Der einleitende Onscreen-Text, der den antiken Arzt als Sohn des Apollo darstellt, der seine Patienten in einem tranceähnlichen Zustand besuchte, bildet die Grundlage für eine Erzählung, die versucht, die moderne Medizin in einen historischen und kulturellen Kontext zu stellen. Diese Verknüpfung von Medizin und Mythos ist ambitioniert, da sie den Zuschauer dazu anregt, über den rein funktionalen Aspekt der Heilkunst hinauszudenken. Allerdings bleibt die Umsetzung dieser Idee in „Rounding“ stellenweise unvollständig. Zwar gibt es Momente, in denen der Film die Verbindung zwischen alten Ritualen und der heutigen medizinischen Praxis subtil andeutet – etwa durch die mystischen Bilder und den zerbrochenen Kreuzanhänger –, doch die Symbolik wirkt oft diffus und verliert sich in ihrer eigenen Mehrdeutigkeit.
3.2 Innere Zerrissenheit und Trauma
Die Figur des Dr. James Hayman ist der Inbegriff eines Mannes, der an seinen eigenen Dämonen kämpft. Sein persönliches Trauma, das aus einem fatalen Fehler in der Vergangenheit resultiert, manifestiert sich in wiederkehrenden Schuldgefühlen und einem ständigen Kampf gegen den inneren Zerfall. Die filmische Darstellung dieses psychischen Abgrunds ist intensiv und fesselnd. Besonders eindrucksvoll ist die Art und Weise, wie James’ psychischer Zustand visuell umgesetzt wird: Die wiederkehrenden Laufszenen durch die frostige Landschaft, die unheimliche Atmosphäre des Krankenhauses und die immer wieder auftauchenden Visionen tragen dazu bei, ein Gefühl der Beklemmung und Isolation zu erzeugen. Dabei wird deutlich, dass „Rounding“ weit mehr sein möchte als ein reiner Krankenhausthriller – es ist ein psychologisches Porträt eines Mannes, der zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Rationalität und Wahn hin- und hergerissen ist.
3.3 Die Rolle der Nebenfiguren
Neben James spielen auch andere Charaktere eine wichtige Rolle in der symbolischen Erzählung. Helen, die junge Patientin, wird als ein Spiegelbild der Fragilität und Verletzlichkeit dargestellt. Ihre wiederholten Krankenhausaufenthalte und ihre mysteriöse Ausstrahlung lassen den Zuschauer vermuten, dass sie mehr als nur eine typische Patientin ist – sie wird fast zu einem mythischen Archetyp, der sowohl Opfer als auch Trägerin eines größeren Geheimnisses sein könnte. Auch Dr. Harrison, der erfahrene Arzt, fungiert als eine Art Mentor, der James an die fundamentalen Werte der Empathie und Menschlichkeit erinnert. Seine wiederholten Mahnungen, dass „Bedside Manner“ in einem kleinen Krankenhaus alles bedeutet, unterstreichen die Diskrepanz zwischen technischer Expertise und emotionaler Kompetenz.
4. Schauspielkunst und Charakterentwicklung
4.1 Namir Smallwood als Dr. James Hayman
Namir Smallwood liefert in „Rounding“ eine der fesselndsten Darstellungen der modernen Kinofigur ab. Sein Porträt des Dr. James Hayman ist intensiv, vielschichtig und vor allem menschlich. Smallwood gelingt es, den inneren Konflikt seines Charakters – die Zerbrechlichkeit nach einem tiefgreifenden Trauma und den Versuch, sich in einem neuen Umfeld neu zu erfinden – authentisch und mitreißend zu vermitteln. In zahlreichen Szenen, sei es bei den einsamen Lauftouren durch die verschneite Landschaft oder in den beengten, düsteren Korridoren des Krankenhauses, zieht Smallwood den Zuschauer in seinen Strudel aus Schuld, Angst und Selbstzweifel hinein. Seine Performance ist dabei nicht nur schauspielerisch überzeugend, sondern auch ein emotionaler Anker, an dem sich der gesamte Film orientiert.
4.2 Sidney Flanigan als Helen
Sidney Flanigan, die bereits in Filmen wie „Never Rarely Sometimes Always“ ihre beeindruckende schauspielerische Bandbreite unter Beweis gestellt hat, übernimmt in „Rounding“ die Rolle der Helen. Obwohl Helen zunächst als wenig ausgearbeiteter Charakter erscheint, verleiht Flanigan ihr eine geheimnisvolle Aura, die das Publikum fesselt. Ihre Präsenz ist zugleich ruhig und beunruhigend – ein stummer Schrei nach Aufmerksamkeit, der in dem düsteren Setting des Krankenhauses beinahe unhörbar bleibt. Durch subtile Mimik und Gestik gelingt es Flanigan, den Eindruck zu erwecken, dass Helen weit mehr weiß, als es den Anschein hat. Diese Ambivalenz trägt wesentlich dazu bei, den Film mit einem Hauch von mystischem Unbehagen zu versehen.
4.3 Die unterstützende Besetzung
Auch die Nebenrollen tragen in „Rounding“ zur vielschichtigen Erzählung bei. Dr. Harrison (Michael Potts) ist der erfahrene Arzt, der James mit einer Mischung aus Strenge und väterlicher Sorge begegnet. Potts gelingt es, in wenigen Szenen den Eindruck eines Mannes zu vermitteln, der sowohl die Verantwortung als auch die emotionale Last eines Heilers trägt. Rebecca Spence als Helen’s Mutter und weitere Charaktere runden das Bild ab, indem sie der Erzählung zusätzliche Tiefen und Perspektiven verleihen. Jeder Charakter, ob Haupt- oder Nebenrolle, ist so konzipiert, dass er den inneren Konflikt und die moralischen Dilemmata, die den Kern des Films bilden, unterstreicht.
5. Visuelle Umsetzung und filmische Techniken
5.1 Die Kraft der Kinematografie
Ein zentraler Aspekt, der „Rounding“ visuell so eindrucksvoll macht, ist die Kameraführung von Nate Hurtsellers. Die Bilder, die vor allem die raue, kalte Winterlandschaft und die düsteren Krankenhausflure einfangen, sind meisterhaft inszeniert. Hurtsellers’ Einsatz von Licht und Schatten verstärkt die Atmosphäre der Isolation und inneren Zerrissenheit, in der sich Dr. Hayman befindet. Besonders die Szenen, in denen James allein durch die verschneiten Weiten läuft, wirken fast meditativ, jedoch stets getränkt von einer unterschwelligen Beklemmung, die den Zuschauer in den Bann zieht.
5.2 Symbolische Bildsprache und Set-Design
Die wiederkehrenden Elemente, wie die mysteriösen Bilder an den Krankenhauswänden und der zerbrochene Kreuzanhänger, sind nicht nur visuelle Dekorationen, sondern fungieren als visuelle Metaphern für den inneren Zustand der Charaktere. Der Kreuzanhänger, der als Erbstück und Symbol für familiäre Bindungen und Glauben dient, ist gleichzeitig ein Sinnbild für das Zerbrochene im Protagonisten – etwas, das repariert werden müsste, um Heilung zu ermöglichen. Die Auswahl der Sets und die gezielte Inszenierung dieser kleinen, aber bedeutsamen Details zeugen von einem feinen Gespür für Symbolik und vermitteln dem Film eine zusätzliche, fast poetische Dimension.
5.3 Schnitt und Erzähltempo
Die filmische Erzählstruktur von „Rounding“ wechselt zwischen ruhigen, fast meditativen Momenten und plötzlichen, nervenaufreibenden Szenen, in denen die Grenzen zwischen Realität und Wahn verschwimmen. Der Schnitt ist hierbei besonders bemerkenswert, da er dem Film ein Gefühl von Unruhe verleiht, das den inneren Konflikt des Protagonisten widerspiegelt. Zwar wirkt die narrative Struktur an manchen Stellen etwas zersplittert – ein Umstand, der auch in einigen Kritiken bemängelt wurde –, doch gerade diese Fragmentierung unterstützt den Eindruck eines zerrissenen Geistes, der sich in einer Welt bewegt, die zwischen Klarheit und Chaos schwankt.
6. Vergleich mit „Saint Frances“ und „Ghostlight“
Die Regisseure Alex Thompson und Kelly O’Sullivan haben bereits mit ihren vorherigen Projekten, „Saint Frances“ und „Ghostlight“, beeindruckt. Beide Filme entstanden aus der lebendigen Chicagoer Theaterszene und zeichnen sich durch starke Charakterporträts und eine einfühlsame Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen aus.
Bei „Rounding“ ist jedoch deutlich zu spüren, dass sich Thompson bewusst von der vertrauten Dramatik entfernt und in den Bereich des Horrors und des Psychothrillers vordringt. Während „Saint Frances“ und „Ghostlight“ durch ihre klare narrative Linie und tiefgehende Charakterentwicklung überzeugen, wirkt „Rounding“ stellenweise fragmentiert und verliert sich in seiner Symbolik. Die Versuche, medizinische Realität mit mythologischen Anspielungen zu verbinden, sind ambitioniert, aber nicht immer stimmig umgesetzt. So erinnert man sich an die bewunderte Inszenierung in „Ghostlight“, in der die mystischen Elemente subtil und effektiv in die Erzählung integriert wurden – ein Ansatz, der bei „Rounding“ leider nur sporadisch gelingt.
Nichtsdestotrotz darf man nicht übersehen, dass „Rounding“ in seiner Abkehr von der rein rationalen Darstellung der Medizin einen neuen, experimentellen Weg beschreitet. Es ist der Versuch, die inneren Abgründe eines Menschen zu erkunden, der an seinen eigenen Fehlern und Schuldgefühlen zerbricht, während er gleichzeitig den Anforderungen einer modernen, mechanisierten Medizin gegenübersteht. Dieser Versuch, alte Mythen mit der heutigen Realität zu verknüpfen, mag nicht immer vollkommen aufgegangen sein, doch er zeugt von einem künstlerischen Anspruch, der in der gegenwärtigen Filmkunst selten geworden ist.
7. Kritische Würdigung und Reflexion
7.1 Stärken des Films
„Rounding“ besticht vor allem durch seine starke visuelle Gestaltung und die eindringliche Darstellung des inneren Kampfes seines Protagonisten. Namir Smallwood liefert eine Performance ab, die den Zuschauer tief in die emotionale Welt von Dr. James Hayman hineinzieht. Die winterliche Kälte, die melancholischen Laufszenen und die düsteren Krankenhausflure schaffen eine Atmosphäre, die gleichermaßen faszinierend und beunruhigend ist. Die filmische Sprache, unterstützt durch Nate Hurtsellers’ beeindruckende Kameraführung, verleiht dem Werk eine fast schon poetische Dimension, die den emotionalen Zustand des Protagonisten in Bildern greifbar macht. Darüber hinaus ist die Inszenierung der symbolischen Elemente – etwa der zerbrochene Kreuzanhänger und die mystischen Wandbilder – ein Beweis für den künstlerischen Anspruch, der in diesem Film mitschwingt.
7.2 Schwächen und Unstimmigkeiten
Trotz der zahlreichen Stärken weist „Rounding“ auch einige signifikante Schwächen auf. Die größte davon ist die scheinbare Unstimmigkeit zwischen den ambitionierten symbolischen Elementen und der narrativen Klarheit. Der Film wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet, und die Versuche, medizinische Realität mit mythologischen Elementen zu verbinden, führen häufig zu einer fragmentierten Erzählstruktur. Die symbolische Sprache des Films ist teilweise zu diffus und verliert sich in ihrer eigenen Mehrdeutigkeit, sodass der Zuschauer oft ratlos zurückbleibt. Auch die Charakterzeichnung von Nebenfiguren wie Helen, obwohl beeindruckend gespielt von Sidney Flanigan, bleibt stellenweise oberflächlich, was den Gesamteindruck der Geschichte etwas abschwächt. Kritiker wie die Rezensentin bei Moviejawn weisen darauf hin, dass „Rounding“ all seine vielversprechenden Ansätze nicht vollends nutzen kann, was zu einem Gefühl führt, dass der Film seine eigenen Ideen nicht vollständig zu einem stimmigen Ganzen verweben kann
.
7.3 Der Balanceakt zwischen Drama und Horror
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Gratwanderung, die „Rounding“ zwischen den Genres des Dramas und des Horrors vollführt. Während die dramatischen Elemente – der Kampf um zwischenmenschliche Nähe, die Suche nach Erlösung und der Versuch, Schuldgefühle zu überwinden – authentisch und berührend inszeniert sind, geraten die Horrorelemente manchmal in den Hintergrund oder wirken deplatziert. Die unheimlichen Visionen und surreale Bilder, die im Laufe des Films auftauchen, könnten durchaus als Höhepunkte des psychologischen Horrors interpretiert werden. Dennoch fehlt es häufig an einer kohärenten Integration dieser Szenen in den Gesamtplot. Es entsteht der Eindruck, dass der Film versucht, zu viele stilistische Mittel auf einmal einzusetzen, ohne jedem von ihnen die nötige Zeit und Tiefe zu widmen.
8. Schlussfolgerung: Ein Film als Spiegel innerer Konflikte
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Rounding“ ein Film ist, der trotz seiner narrativen Unebenheiten und der manchmal fragmentierten Umsetzung seiner symbolischen Ansprüche durchaus zu empfehlen ist – vor allem für Zuschauer, die sich auf ein intensives, emotional aufgeladenes Kinoerlebnis einlassen möchten. Der Film schafft es, durch starke schauspielerische Leistungen und beeindruckende visuelle Gestaltung eine Atmosphäre zu kreieren, die den inneren Konflikt eines Mannes, der mit seinen eigenen Dämonen kämpft, eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.
„Rounding“ ist mehr als nur ein medizinisches Drama oder ein typischer Krankenhausthriller. Es ist ein Werk, das versucht, die Grenzen zwischen Realität und Mythos, zwischen Rationalität und Wahn zu verwischen. Die ambitionierte Verknüpfung von antiker Symbolik mit modernen psychologischen Themen eröffnet dem Zuschauer einen Raum, in dem die Fragen nach Schuld, Erlösung und menschlicher Zerbrechlichkeit in den Vordergrund rücken. Die ambivalente Darstellung der Hauptfigur, die in Namir Smallwoods intensiver Performance kulminiert, macht deutlich, dass der Weg zur Heilung nicht nur in der fachlichen Kompetenz, sondern vor allem im zwischenmenschlichen Austausch und im inneren Selbstverständnis liegt.
Obwohl der Film in einigen Passagen den Zuschauer mit seiner Komplexität und der Vielzahl an Motiven überfordert, sind es genau diese Unschärfen, die „Rounding“ zu einem faszinierenden Experiment machen. Der Versuch, die uralten Mythen der Medizin in einen modernen Kontext zu übertragen, mag nicht immer vollkommen aufgehen, aber er verleiht dem Film eine einzigartige Note. Die fragmentierten Erzählstränge, die surrealen Visionen und die gelegentlichen narrative Stolpersteine laden dazu ein, den Film mehrfach zu sehen und dabei neue Facetten zu entdecken – ähnlich einem vielschichtigen Gemälde, das bei jedem Blick neue Details preisgibt.
Abschließend lässt sich festhalten, dass „Rounding“ ein Film ist, der den Zuschauer sowohl emotional als auch intellektuell fordert. Er ist ein Spiegelbild der inneren Zerrissenheit, die viele moderne Menschen erleben – der Spagat zwischen dem Drang nach Rationalität und dem Bedürfnis, sich seinen eigenen Ängsten und Schuldgefühlen zu stellen. Die gelungene Darstellung dieser inneren Konflikte, gepaart mit der beeindruckenden visuellen Umsetzung und den starken schauspielerischen Leistungen, macht „Rounding“ zu einem bemerkenswerten Beitrag im Genre des psychologischen Dramas und Horrors.
Die Frage, ob der Film seine ambitionierten Ansprüche letztlich vollständig erfüllt, bleibt dabei bewusst offen. Vielmehr bietet „Rounding“ Raum für Interpretationen und Diskussionen – ein Werk, das seine Zuschauer noch lange beschäftigt und immer wieder neu zum Nachdenken anregt. In einer Zeit, in der das Kino zunehmend auf spektakuläre Effekte und klar definierte Genregrenzen setzt, erweist sich „Rounding“ als ein erfrischendes Beispiel für experimentelles Filmemachen, das bereit ist, Risiken einzugehen und sich nicht scheut, auch unbequeme Fragen zu stellen.
Epilog: Der bleibende Eindruck
Auch wenn „Rounding“ in mancher Hinsicht an seiner eigenen Vision zu zerbrechen scheint, so bleibt der Eindruck eines tief bewegten und künstlerisch ambitionierten Films haften. Es ist ein Film, der den Zuschauer nicht nur unterhält, sondern auch herausfordert – ein Film, der fragt: Wie weit sind wir bereit, uns selbst zu hinterfragen, und welche Geister der Vergangenheit verfolgen uns, wenn wir versuchen, in einer zunehmend rationalen Welt menschlich zu bleiben?
Die vielfältigen Elemente – von der traumatischen Vergangenheit des Protagonisten über die mystischen Andeutungen in den Krankenhausfluren bis hin zu den subtilen, fast schon unmerklichen Andeutungen auf ein größeres, mythologisches Narrativ – machen „Rounding“ zu einem Film, der sich nicht leicht in eine Schublade stecken lässt. Er ist sowohl ein Medizindrama als auch ein psychologischer Thriller und gleichzeitig ein künstlerisches Experiment, das alte und neue Erzähltraditionen miteinander verwebt.
Insgesamt lässt sich sagen, dass „Rounding“ trotz seiner narrativen Schwächen ein Werk ist, das es verdient, gesehen und diskutiert zu werden. Die intensiven schauspielerischen Leistungen, allen voran die fesselnde Darstellung von Namir Smallwood, und die eindrucksvolle Bildsprache tragen dazu bei, dass der Film auch nach dem Abspann noch lange nachklingt. Er fordert den Zuschauer heraus, über die Grenzen des Offensichtlichen hinauszuschauen und in den verborgenen Schichten der menschlichen Psyche nach Antworten zu suchen.
Für all jene, die sich auf ein cineastisches Abenteuer einlassen möchten, das ebenso verwirrend wie faszinierend ist, bietet „Rounding“ ein Erlebnis, das sich dem klassischen Kino in Sachen Emotion, Symbolik und künstlerischem Anspruch anschließt – wenn auch mit einigen Stolpersteinen auf dem Weg. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Werke der Regisseure Alex Thompson und Kelly O’Sullivan die angesprochenen Themen noch weiter vertiefen und dabei den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und narrativer Klarheit noch besser meistern.
Fazit
„Rounding“ ist ein Film, der den Zuschauer auf eine Reise in die Tiefen der menschlichen Seele mitnimmt. Mit einem starken, jedoch zerrissenen Protagonisten, einer düsteren und zugleich poetischen Bildsprache und einem Spannungsbogen, der zwischen alltäglichen Krankenhausdramen und surrealen Horrorszenarien wechselt, bietet der Film ein vielschichtiges Erlebnis. Trotz seiner narrativen Unebenheiten und der gelegentlich überambitionierten Symbolik schafft es „Rounding“, den bleibenden Eindruck zu hinterlassen, dass in jedem von uns die Möglichkeit steckt, sowohl zu heilen als auch zu zerstören.
Obwohl der Versuch, antike Mythen mit moderner Medizin zu verbinden, nicht immer vollends aufgeht, bietet dies zugleich Raum für Diskussion und Interpretationen. Die eindringliche Darstellung des inneren Konflikts und die kunstvolle Umsetzung von Trauma und Schuld machen „Rounding“ zu einem Film, der in Erinnerung bleibt – als ein Werk, das den schmalen Grat zwischen Vernunft und Wahnsinn beleuchtet und dabei die Komplexität des menschlichen Daseins in den Vordergrund stellt.
Insgesamt präsentiert sich „Rounding“ als ein faszinierendes, wenn auch nicht vollkommen kohärentes, filmisches Experiment, das seinen Platz in der Landschaft des modernen Kinos verdient. Es ist ein Film, der Mut zeigt, neue Wege zu gehen und dabei den Zuschauer auffordert, sich auf eine emotionale und intellektuelle Achterbahnfahrt einzulassen – eine Fahrt, die lange nach dem Verlassen des Kinosaals noch in Erinnerung bleibt.
Diese detaillierte Rezension zeigt, dass „Rounding“ weit mehr ist als ein einfacher Krankenhausthriller. Es ist ein Film, der den Zuschauer dazu anregt, über die eigenen inneren Dämonen, Schuldgefühle und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Geistes nachzudenken – ein Film, der trotz aller Unstimmigkeiten eine fesselnde und tiefgründige cineastische Erfahrung bietet.
Quellen und weiterführende Informationen:
- Die ursprüngliche Rezension von Sheila O’Malley auf Roger Ebert
- Zusätzliche Filmkritiken und Detailinformationen zu „Rounding“ auf Moviejawn
sowie auf Rotten Tomatoes
Diese Rezension fasst die verschiedenen Perspektiven und kritischen Stimmen zusammen und bietet einen umfassenden Einblick in die vielschichtige Welt von „Rounding“. Der Film mag nicht alle Erwartungen erfüllen, doch gerade in seiner Unvollkommenheit liegt sein charismatischer und nachdenklich stimmender Reiz.